Präsident Lukas Siebenkotten und Bundesdirektorin Dr. Melanie Weber-Moritz präsentieren vier Kernforderungen des Deutschen Mieterbundes an die Parteien zur Bundestagswahl und vergleichen diese mit den Vorschlägen in den Wahlprogrammen aller im Bundestag vertretenen Parteien:
1. Schaffung von ausreichend bezahlbarem Wohnraum
In Deutschland fehlen rund 2 Millionen Wohnungen. Jedes Jahr schrumpft die Zahl der Sozialwohnungen um rund 40.000, hat sich so seit 2006 halbiert und liegt derzeit bei etwa 1,14 Millionen, und dies trotz enormen Bedarfs. Der tatsächliche Bedarf liegt laut Pestel-Institut bei 6,3 Millionen Sozialwohnungen.
„Zahlen, die aufrütteln und denen sich keine Partei verschließen darf. Eine der Hauptaufgaben der neuen Regierung muss darin bestehen, endlich für ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Dafür brauchen wir den Neubau von jährlich mindestens 90.000 Sozialwohnungen, Preis-und Belegungsbindungen für 75.000 Bestandswohnungen und die Errichtung von 60.000 bezahlbaren Mietwohnungen pro Jahr“, fordert Siebenkotten. „Die SPD will 100.000 Sozialwohnungen im Jahr neu bauen, die Grünen wollen eine Million neue in zehn Jahren schaffen, die Linke sogar 250.000 Sozial-, kommunale und Genossenschaftswohnungen pro Jahr. Dafür sollen inklusive energetischem und demographischem Umbau jährlich 15 Milliarden Euro aufgewandt werden. CDU und CSU wollen den Sozialwohnungsbau stärken, die Länder sollen zu jedem „Bundesfördereuro“ einen weiteren Euro beisteuern. Insgesamt sollen bis 2050 mehr als 1,5 Millionen Wohnungen neu entstehen. Für die FDP hat das Wohngeld als Mittel der Subjektförderung Priorität. Erst, wenn man mit verbessertem Wohngeld keine Wohnung findet, soll ein Wohnberechtigungsschein ausgestellt werden. Die AfD hält den bisherigen sozialen Wohnungsbau für gescheitert und möchte ein zusätzliches kommunales Wohngeld einführen. „Der Mieterbund“, so Siebenkotten, „hält eine Kombination von Objekt- und Subjektförderung weiterhin für den richtigen Ansatz und hofft auf einen gewaltigen Schub für die Schaffung und den Erhalt bezahlbaren Wohnraums durch die nächste Bundesregierung“.
2. Begrenzung der Mietpreise und Schutz der Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung
Die Mieten steigen ungebremst. Der durchschnittliche Haushalt in Deutschland muss mittlerweile fast 30 Prozent seines Nettoeinkommens für das Wohnen ausgeben, einkommensarme Haushalte mit einem Nettoeinkommen von unter 1.300 Euro sogar fast die Hälfte. „Ein untragbarer Zustand. Um der Mietpreistreiberei endlich ein Ende zu setzen, fordern wir gemeinsam mit dem DGB, dem Paritätischen und vielen weiteren Verbänden, Organisationen und Initiativen einen bundesweiten sechsjährigen Mietenstopp im Bestand und eine effektive Begrenzung der Neuvertragsmieten. Keine Partei darf ignorieren, dass zum Beispiel fast die Hälfte der Mieterinnen und Mieter in den Großstädten befürchtet, die Miete nicht mehr zahlen zu können. Wir nehmen diese Ängste ernst und tragen unsere Forderungen daher auch am Samstag bei der bundesweiten Mietendemo gemeinsam mit vielen Mitstreitern und Mitstreiterinnen auf die Straßen Berlins,“ erklärt Siebenkotten. Die Forderung nach einem Mietenstopp und einer Begrenzung von Mietsteigerungen werden in den Wahlprogrammen von SPD, Linken und Grünen in unterschiedlicher Form aufgegriffen. CDU/CSU, FDP und AfD sprechen sich gegen entsprechende Instrumente aus.
3. Stärkung des Klimaschutzes bei fairer Kostenverteilung
Um bis zum Jahr 2045 Klimaneutralität zu erreichen, sind im Wohnungsbestand umfassende energetische Sanierungen notwendig. Das Dilemma: Energetische Modernisierungen im Bestand ziehen in der Regel Mieterhöhungen zwischen 2 und 3 Euro pro Quadratmeter nach sich. Selbst bei einer daraus resultierenden Reduzierung der Heizkosten steigen die Wohnkosten weiter an. „Die sozialverträgliche energetische Sanierung des Gebäudebestandes von 42 Millionen Wohnungen bzw. 21 Millionen Mietwohnungen ist die mit Abstand größte Herausforderung, wenn es um die Erreichung der Klimaschutzziele geht,“ so Weber-Moritz. „Um eine sozialverträgliche energetische Modernisierung des Gebäudebestandes zu erreichen, ist eine drastische Aufstockung der Fördermittel auf mindestens 10 Milliarden Euro pro Jahr notwendig und bis zur vollständigen Abschaffung der Modernisierungsumlage ihre deutliche Absenkung im Gesetz festzuschreiben. Bedenkt man, dass bereits heute rund zwei Millionen Mieterinnen und Mieter unter Energiearmut leiden, muss die künftige Regierung ein Klimawohngeld einführen, um die Energiekosten beim Wohngeld zu berücksichtigen. Außerdem dürfen Mieterinnen und Mieter keinesfalls noch zusätzlich mit den Kosten der CO2-Bepreisung belastet werden.“ Die Forderung nach einer Abschaffung der Umlage der CO2-Kosten auf Mieterinnen und Mieter finden sich in den Wahlprogrammen von SPD, Grünen und Linken wieder.
4. Wiedereinführung eines gemeinnützigen Wohnungssegments
„Eine Lösung für das Problem des Mangels an bezahlbarem Wohnraum liegt aus Sicht des Mieterbundes in der Wiedereinführung eines gemeinnützigen Wohnungssegments. Dafür muss der Bestand an dauerhaft preisgebundenen Wohnungen in kommunaler Hand deutlich erhöht werden, mittelfristig auf 30 Prozent des Mietwohnungsbestandes“, fordert Weber-Moritz. „Erfreulich ist, dass unsere Forderung nach einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit mittlerweile von SPD, Grünen und Linken aufgegriffen wird und in den jeweiligen Wahlprogrammen eine Rolle spielt.“
Eckpunkte für eine „Neue Wohnungsgemeinnützigkeit“ sind neben einer unbefristeten Mietpreisbegrenzung eine langfristige Zweckbindung der Mittel des Unternehmens und eine Gewinnbeschränkung auf max. 4 Prozent des eingebrachten Kapitals. Über den Anreiz der Steuerbefreiung oder Steuergutschriften soll ein breites und räumlich verteiltes Angebot von dauerhaft belegungs- und mietpreisgebundenen Wohnungsbeständen geschaffen werden.